Im zweiten Jahr unseres Bestehens als Gruppe wurde eine breite Palette von Themen aus dem religionskritischen Bereich abgedeckt. Es wurde deutlich, dass es sogar mehr Möglichkeiten gäbe in diesem Bereich aktiv zu sein als es unsere Ressourcen derzeit noch zulassen. Das Thema Religionskritik war in den Medien und in zahlreichen politischen Diskursen wie jenem zum Religionsunterricht, zum Islam/Islamismus oder auch zu Tibet prominent vertreten und ist weit davon entfernt ein Randthema zu sein.
Im Folgenden unsere Aktionen 2012 im Detail:
11. Februar 2012
Nach Morddrohungen gegen die britische Anti-Scharia-Aktivistin und Mitbegründerin von „One Law For All“, Anne Marie Waters, fand am 11. Februar in London eine Demonstration für freie Meinungsäußerung statt. Mehrere Hundert Menschen nahmen unter dem Motto „A Day to Defend Free Expression“ daran teil. Eine Aktivistin von gottlos.at nahm daran teil und berichtete. Unter anderem sprachen Richard Dawkins, Maryam Namazi und Kate Smurthwaite. Die Veranstaltung wurde von den TeilnehmerInnen als Erfolg bewertet und konnte ungestört stattfinden.
26. Februar 2012
Bei einem regulären Gruppentreffen wurde der Anti-Scientology-Aktivist und hochrangige Ex-Scientologe Wilfried Handl eingeladen. Sein Bericht über die Strukturen und den Alltag in der Organisation, die öffentlich als Kirche auftritt. Über den religiösen Charakter von Scientology gab es anschließend kontroversielle Diskussionen. In der Folge nahmen AktivistInnen von gottlos.at auch an den regelmäßig stattfindenden Demonstrationen von Anonymous gegen Scientology in Wien teil.
April/Mai 2012
Anlässlich des Dalai Lama Besuchs in Wien am 25. Mai wurde der Psychologe, Autor und Buddhismuskritiker Colin Goldner am 18. Mai zu einem Vortrag eingeladen. Ab Mitte April war die Kampagne gegen den Besuch des Dalai Lama, den wir unter anderem für seine frauenfeindlichen und homophoben Aussagen sowie für seine problematische Rolle als „Guru“ vieler europäischer EsoterikerInnen kritisieren, von Infotischen vor den Wiener Universitäten begleitet worden. Viel Kritik und Zustimmung wurde als Indikator dafür gewertet, dass mit dem Thema ein Nerv getroffen wurde. Der Vortrag war trotz notgedrungen schlechter Terminwahl mit 130 ZuhörerInnen gut besucht. Ein Videomitschnitt ist im Internet verfügbar. Auch im Radio und in der Wochenzeitung Profil waren Berichte über den Vortrag und die folgende Kundgebung vor der Stadthalle, dem Ort des Vortrags, am 25.5. erschienen. Die Kampagne wurde von der Atheistischen Buskampagne, vom Freidenkerbund und von der ÖH Wien unterstützt und positiv bewertet.
18. – 20. Mai 2012
Eine Aktivistin von gottlos.at war als Berichterstatterin am World Skeptics Congress der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Paraphänomenen (GWUP) in Berlin anwesend. Der Kongress war als eine Mischung aus Unterhaltungsprogramm, Information und Diskussion gestaltet. Ein Bericht vom Publikumstag findet sich auf unserem Blog. Darüber hinaus wurde vom Kongress im Rahmen eines Gruppentreffens berichtet. Insgesamt soll die Berichterstattung von derartigen Veranstaltungen 2013 fortgesetzt und ausgeweitet werden. Sie ist wichtig für die internationale Vernetzung humanistischer AktivistInnen, WissenschaftlerInnen und Interessierten. Der Blick über den Tellerrand, den wir als HumanistInnen immer wieder einfordern, wird damit ein kleines Stück Praxis.
9. Juni 2012
Drei Aktivisten von gottlos.at wurden von der Grünalternativen Jugend OÖ dazu eingeladen in Linz einen Workshop zum Thema Religionskritik und religionskritischer Aktivismus zu gestalten. Die Diskussionen und Vorträge fanden im kleinen Rahmen statt. Die Vortragstätigkeit durch AktivistInnen soll 2013 ausgeweitet werden. Auch hier stehen Information und Vernetzung im Vordergrund.
16. Juni 2012
Bei der Regenbogenparade in Wien wollten christliche FundamentalistInnen aus dem Umfeld von gloria.tv gegen Homosexuelle und den „moralischen Verfall“ der Gesellschaft demonstrieren. gottlos.at organsierte gemeinsam und parallel mit anderen Gruppen sehr kurzfristig eine Gegenkundgebung an der insgesamt etwa 150 Menschen teilnahmen. Die homophoben KatholikInnen wurden von viel Polizei und Buh-Rufen zur Oper eskortiert wo sie – ohne das christliche Abendland gerettet zu haben – wieder nach Hause gehen mussten. Die Regenbogenparade fand ungestört statt. Im Gegensatz zur überschaubaren Schar der etwa 25 FundamentalistInnen war die Regenbogenparade 2012 mit 150.000 TeilnehmerInnen die bisher größte ihrer Art in Wien.
11. Juli 2012
Weil uns nach der vielen Arbeit im Frühjahr sogar gute Christenmenschen ein wenig Essen zugebilligt hätten, wurde für Juli ein gemeinsames Grillen auf der Donauinsel angesetzt. Etwa 20 AktivistInnen von gottlos.at und befreundeten Gruppen waren die ganze Nacht damit beschäftigt Bier, Steak und Wurst den Garaus zu machen.
1./2. September 2012
Auch dieses Jahr war gottlos.at am Volksstimmefest mit einem Büchertisch und einer Cocktailbar vertreten. Schlamm und Dauerregen machten die Veranstaltung von Anfang an mühsam und reduzierten auch den 2011 ausgezeichneten finanziellen Erfolg der Bar deutlich. Trotzdem wurde ein kleiner Gewinn eingefahren und der Büchertisch war gut besucht. Wir werden auch 2013 wieder auf Wiens größtem linken Kulturevent vertreten sein und hoffen dieses Mal auf besseres Wetter.
22. September 2012
Die Veröffentlichung des Schmähfilms „Innocence of Muslims“ führte Anfang September weltweit zu Protesten von Moslems. Auch in Wien marschieren unter dem Slogan „Das Kalifat ist die Lösung“ 700 IslamistInnen aus dem salafistischen Umfeld durch die Stadt. Kritische Berichterstatter waren vor Ort, Proteste gegen einen der größten reaktionären Aufmärsche der letzten Jahre bleiben weitgehend aus. Viele Gruppen aus dem linken Umfeld weigerten sich offenbar aus Angst vor Rassismusvorwürfen gegen die Veranstaltung zu mobilisieren. Ein Aufbau islamkritischer Netzwerke und eine Enttabuisierung des Themas in fortschrittlichen Zusammenhängen ohne xenophobe Avancen wird in Zukunft nötig sein. gottlos.at wird versuchen auch hier ihren Beitrag zu leisten.
30. September 2012
Der vom Freidenkerbund organisierte und von gottlos.at unterstützte „Open Mind Summit“ fand Ende September am Uni Campus statt. Die Veranstaltung war die 125-Jahr Feier des Freidenkerbundes und war mit 450 TeilnehmerInnen die größte säkulare Veranstaltung der letzten Jahre. Im Kabarettprogramm waren unter anderem Gunkl, Thomas Maurer und Susanne Pöchacker zu sehen. Michael Schmidt-Salomon musste wegen eines stornierten Fluges leider absagen. gottlos.at war mit einem Büchertisch vertreten. Die Veranstaltung war ein großer Erfolg.
4. – 8. Oktober 2012
Gegen den Anfang Oktober in Wien angesetzten „6. Welt-Gebets-Kongress für das Leben“ wurde – unterstützt von gottlos.at und maßgeblich organisiert von der Sozialistischen Linkspartei (SLP) – eine Aktionswoche gegen AbtreibungsgegnerInnen ausgerufen. An dem Kongress nahmen unter anderem mehrere Bischöfe, der vatikanische Nuntius von Österreich und viele weitere Vertreter der Katholischen Kirche teil. Unterstützt wurde die Veranstaltung auch aus hochrangigen ÖVP-Kreisen. Nach der Auftaktdemo an der am 4.10. etwa 400 Menschen teilnahmen fand eine Vielzahl weiterer Aktionen, Vorträge und Diskussionen zum Thema statt. Bei der Frauendemo gegen die Lichterprozession der radikalen AbtreibungsgegnerInnen am 6. Oktober wurde live via Twitter berichtet. AktivistInnen von gottlos.at nahmen an allen Demonstrationen teil. Am 7.10. wurde das Thema „christlicher Fundamentalismus in Österreich“ bei einem Gruppentreffen inhaltlich weiter behandelt. Unter anderem waren die katholisch-konservativen Netzwerke von ÖVP, CV und Kirche sowie die Zusammenhänge um Human Life International, einer Anti-Abtreibungsorganisation, Thema der Diskussion.
30. November 2012
Wie schon im letzten Jahr fand auch dieses Jahr das Powerpoint-Karaoke an der TU statt. Dabei halten Leute aus dem Publikum kurze Vorträge zu ihnen bis dahin unbekannten Powerpointfolien echter Vorträge. Das Thema der Folien war dieses Mal „Weltverschwörung“. Das Thema wurde auch wegen des Weltuntergangshypes im Dezember 2012 ausgewählt und spannte den Bogen von Aliens über Gedankenkontrolle bis zu Chemtrails und dämonischer Besessenheit. Es gab eine DVD des Films „Die Mondverschwörung“ zu gewinnen, deren Vergabe angesichts vieler guter Beiträge nicht leicht fiel. Die Veranstaltung gehört auch 2013 fix zum Jahresprogramm.
November/Dezember 2012
AktivistInnen von gottlos.at waren Ende des Jahres für das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien im Einsatz. An zahlreichen Infotischen wurden die letzten benötigten Unterschriften gesammelt, im Internet wurde die Werbetrommel gerührt. Das Ziel der etwa 8000 Unterschriften konnte Ende Dezember rechtzeitig erreicht werden. Das Volksbegehren findet von 16. – 22. April 2013 statt. Eine weitere Inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen kirchlicher Missbrauch und Kirchenprivilegien ist geplant Die gute Zusammenarbeit mit den InitiatorInnen des Volksbegehrens soll fortgesetzt werden.