Im Jahr 2018 haben fast 60.000 Menschen in Österreich der Kirche den Rücken gekehrt, so viele wie seit 2011 nicht mehr. Das ist für uns, als VertreterInnen von Religions- und Weltanschauungsfreiheit, als LaizistInnen und AtheistInnen, eine positive und erfreuliche Entwicklung und eine Gelegenheit, diese Begriffe voneinander abzugrenzen.
Zunächst einmal sind wir für Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Wir setzen uns also dafür ein, dass Menschen einer Religion angehören und diese auch ausüben dürfen. Es muss ebenso möglich sein keiner Religion anzugehören und Religion in ihrer gesellschaftlichen Praxis oder allgemein als Denkart zu kritisieren. Viele religiöse Strömungen sprechen Menschen dieses Recht ab, oder wollen das Leben von Menschen außerhalb ihrer eigenen religiösen Gemeinschaft nach den Regeln eben dieser beschränken. Der Islam, aber auch kleinere religiöse Sekten, hindern darüber hinaus ihre Mitglieder daran, ihre Gruppe wieder zu verlassen und fordern ihre Bestrafung. In einigen Fällen verlangen Religionen von ihren Mitgliedern darüber hinaus Handlungen, die die Freiheit und die Rechte Anderer einschränken oder sogar ihr Leben bedrohen oder wollen ihre Regeln als Staatsdoktrin durchsetzen. Dieser religiöse Zugriff auf Staat und Gesellschaft beginnt bei Ausnahmen im Arbeitsrecht und reicht über finanzielle Zuwendungen aus öffentlichen Geldern und nicht erforderliche medizinische Eingriffe bei Kindern bis hin zum Mord. Die Katholische Kirche, der die Aufklärung und Säkularisierung gründlich die Krallen gestutzt hat, verbreitet zwar schon lange keine Aufrufe zum Heiligen Krieg mehr, sie greift aber weiterhin auf unterschiedlichste Weise in die Politik ein und fördert eine Ungleichbehandlung von Menschen, die ihrer Organisation nicht angehören und die ihre Werte nicht teilen. Eine politische Schwächung der Kirche durch eine Abnahme ihrer Mitgliederzahl ist daher im Sinne größerer Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu begrüßen.
Es braucht also Grenzen der Freiheit von Weltanschauungen und Religionen. Der Laizismus fordert, alle weltanschaulichen Gruppen hinsichtlich dieser Grenzen gleich zu behandeln und eine klare Trennung staatlicher Strukturen von religiösen Organisationen wie z.B. der Kirche vorzunehmen. Der laizistische Staat ergreift in Fragen der Religion nicht Partei. Weder fördert er einzelne Religionen, noch unterdrückt er sie, solange ihre Inhalte den Rahmen des Gesetzlichen nicht verlassen. Ein Staat, der einzelnen Religionen Rechte einräumt, die er anderen Religionen oder weltanschaulichen Vereinigungen verweigert, wie es Österreich tut, ist daher nicht laizistisch. Erst eine solche Gleichstellung weltanschaulicher und religiöser Gruppen schafft aber den Rahmen für echte Religions- und Weltanschauungsfreiheit und damit für eine demokratische und egalitäre Gesellschaft. LaizistInnen sind nicht notwendigerweise religionslos. Auch viele religiöse Menschen haben kein Bedürfnis, die Regeln ihrer Religion staatlich durchzusetzen und begnügen sich mit Werbung für ihre Ideen und ihre Lebensstilentscheidungen innerhalb des demokratischen Rahmens, den ein säkularer Staat stellt. Die Kirche setzt sich – nicht nur in Österreich – vehement für den Erhalt der Verflechtung des Staates mit der Kirche ein. Nicht zuletzt deswegen, weil diese antilaizistischen Strukturen garantieren, dass die Kirche auch weiterhin gewaltige finanzielle Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln erhält. Wenn sich die Kirche nicht mehr auf ihre große Mitgliederzahl berufen kann, wird es in Zukunft einfacher sein, diese Strukturen zu kritisieren und langfristig zurückzubauen. Kirchenaustritte fördern folglich den Laizismus und auch religiöse LaizistInnen können sich über die hohe Zahl an Kirchenaustritten freuen.
Innerhalb des demokratischen Rahmens, den der Laizismus aufspannt, muss es gestattet sein, sich gegen die Zugehörigkeit zu irgendeiner religiösen Organisation zu entscheiden. Das kann geschehen, weil man als religiöser Mensch mit den Institutionen der eigenen Religion nicht einverstanden ist und daher lieber konfessionsfrei bleiben möchte. Der Grund kann aber auch sein, dass man ein Weltbild ohne Götter und andere übernatürliche Entitäten bevorzugt. Letzteres ist der Standpunkt des Atheismus. Atheistinnen und Atheisten fordern weder Verbot noch Unterdrückung von Religion sondern lediglich das Recht selbst keiner Religion anzugehören und diese Entscheidung zu begründen, die Religion also zu kritisieren. Das alleine ist vielen Religionen ein Dorn im Auge. Nicht nur Islamisten haben wenig Verständnis für Satire, auch die Katholische Kirche bekämpft jede humorvolle Auseinandersetzung mit ihren Dogmen vor Gericht, geht gleichzeitig mit Atheisten aber nicht zimperlich um. AtheistInnen scheuen diesen verbalen Schlagabtausch nicht, sie fordern nur Waffengleichheit, z.B. durch die Abschaffung von Blasphemieparagraphen.