Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die heute vor 70 Jahren unterzeichnet wurde, ist für Humanistinnen und Humanisten, und damit für den Verein evo, ein wesentlicher Grundsatztext. Sicher ist sie keine vollständige Grundlage einer politischen Agenda und Details des Textes und seiner Begrifflichkeiten (so z.B. der Begriff der „Würde“) stehen zur Diskussion. Die weltweite Umsetzung dieses Wertekatalogs, wäre nichts desto trotz ein Fortschritt. Auch die Tatsache, dass das in absehbarer Zeit politisch nicht vollständig umsetzbar sein wird, schmälert ihre Bedeutung nicht. Gerade weil ihr Inhalt in Teilen der Welt nicht oder nur unzureichend umgesetzt ist, ist sie wichtig.
Probleme mit der Menschenrechtslage gibt es heute vor allem in Zentral- und Ostafrika, in Asien und in besonderem Ausmaß in den islamischen Staaten, allen voran Saudi-Arabien. Der erschreckende Fall der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi oder die seit Jahren andauernde Inhaftierung des Regimekritikers und Bloggers Raif Badawi, sind nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt aber auch Fortschritte: In vielen Staaten Lateinamerikas und in einigen Staaten Osteuropas hat sich die Lage in den letzten Jahrzehnten deutlich gebessert. Auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Nahrung und sauberem Wasser – alles ebenfalls Teil der Menschenrechte (Artikel 25) – ist insgesamt besser geworden.
Indikatoren wie die Möglichkeit zur politischen Betätigung, das Vorhandensein einer Zivilgesellschaft, die Diskriminierung von Minderheiten und Frauen oder die Freiheit der Presse, zeigen in autokratischen Regimen und Diktaturen für gewöhnlich in die gleiche Richtung. Wo Menschen in Unfreiheit leben, wird ihnen in aller Regel auch physische Gewalt angetan. Nicht selten werden sie gefoltert und ermordet. Eine saubere, wohlwollende und zivilisierte Diktatur gibt es nicht. Das ist den Bewohnern und Bewohnerinnen unfreier Länder auch durchaus bewusst. Überall, wo Menschenrechte beschnitten werden, wird dagegen Widerstand geleistet. Dieser Widerstand verdient unsere Solidarität und – wo das möglich ist – unsere Unterstützung. Wir müssen darüber hinaus auf den universellen Charakter der Menschenrechte hinweisen, wenn rechte und linke KulturrelativistInnen ihre Allgemeingültigkeit in Frage stellen. Das ist kein theoretischer, akademischer Streit, es ist eine Frage gelebter Solidarität und damit humanistischer Praxis. Den Vorwurf des „Gutmenschentums“ oder des „Eurozentrismus“ sollten wir dafür in Kauf nehmen.
Auch in Ländern, deren Gesetze menschenrechtskonform sind, in denen man für politische Betätigung, für Kritik an der Obrigkeit, für eine Zugehörigkeit zu einer religiösen oder weltanschaulichen Minderheit oder für seine sexuelle Orientierung nicht mit Gefängnis oder dem Galgen rechnen muss, stehen die Rechte und Freiheiten, die in der Allgemeinen Erklärung formuliert sind, zunehmend unter Druck. Wenn die rechte Regierung Ungarns Geflüchtete in sogenannten „Transitzonen“ wochenlang einsperrt und mit Absicht nur unzureichend mit Nahrung versorgt, wird das Leben dieser Menschen bedroht und ihre grundlegendsten Rechte werden in Frage gestellt. Auch hier sind HumanistInnen gefordert die Menschenrechte als Mindeststandard einzufordern.
Der 10. Dezember, der Tag der Menschenrechte, wäre ein sinnvoller und zeitgemäßer Feiertag. Wir sollten diesen Tag dazu nutzen um zu feiern, was schon erreicht wurde und um uns vor Augen zu führen, wieviel noch zu tun ist.